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Rudolf von Laban

15. Dezember 1879, Pressburg - 1. Juli 1958, Weybridge

2013 wird auf dem Monte Verità bei Ascona im Tessin ein Ikosaeder aufgestellt, ein geometrischer Körper mit 20 gleichseitigen Dreiecksflächen. Besucher*innen können sich in dieses Ikosaeder aus Metallstäben begeben und dort Haltungen und Bewegungen ausprobieren oder tanzen. Genau wie einst Rudolf von Laban, dem dieses ungewöhnliche Denkmal gewidmet ist. Er analysierte und erforschte Bewegungen, nicht nur im Ikosaeder, aber oft in Bezug zu spezifischen Räumen und Umgebungen. 1913 hielt er auf dem Monte Verità seine erste Sommerschule ab und in den kommenden Jahren folgten nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland und andernorts viele weitere Laban-Schulen. Laban gilt bis heute als der prägende Bewegungsanalytiker und -theoretiker. Seine Ideen und Lehren sind immer noch wichtige Grundlagen für die Tanzausbildung und -therapie.

Neben seinem Studium der Architektur und freien Kunst befasste sich der gebürtige Ungar ausgiebig mit dem Tanz und dessen historischen Wurzeln. Er beschrieb in seinen Arbeiten den Zusammenhang zwischen den Tänzen der Menschen und ihren Arbeits- und Lebensbedingungen zur jeweiligen Zeit. Laban untersuchte außerdem, wie sich die Menschen seiner eigenen Zeit bewegten. Er beobachtete die sich oft wiederholenden und stereotypen Bewegungsmuster vieler Arbeitsprozesse und erkannte, dass auch die Freizeit der Menschen von Bewegungsarmut gekennzeichnet war, wodurch Körper und Geist verkümmern würden. Diesen Entwicklungen wollte Rudolf von Laban entgegenwirken: Tanzen, so seine Überzeugung, bringe den Menschen in Einklang mit sich selbst und lasse ihn Beziehungen bewusst erleben und gestalten. Laban, der sich zeitweise auch der Lebensreformbewegung mit ihren naturnahen Lebensidealen anschloss, glaubte, dass das Zusammenleben der Menschen durch mehr Tanz und Bewegung friedvoller und kooperativer werden könne.

Ausgehend von der kindlichen Entwicklung beschrieb Laban in seinen Bewegungsstudien, wie Bewegungen entstehen und durch welche Komponenten sie beeinflusst werden. Wenn der Körper oder einzelne Körperteile sich in einem Raum, wie beispielsweise dem Ikosaeder, bewegen, können die Bewegungen mit unterschiedlicher energetischer Qualität ausgeführt werden. Dabei verändert der Körper seine Form und zugleich die Beziehung zum Raum. Zudem tritt er mit anderen Personen oder Gegenständen in Beziehung. Aus verschiedenen einzelnen Bewegungen entstehen Bewegungsphrasen. Laban entwickelte auf der Grundlage dieser Komponenten Übungen, die das Bewusstsein für den Körper und dessen Möglichkeiten stärken und sich dadurch positiv auf die innere Verfassung des Übenden auswirken sollten.

Labans Ideen, die er in mehreren Büchern festhielt, gelten für Profitänzer*innen wie für Laien, für Erwachsene wie für Kinder. Das Tanzen und seine Bedeutung für die Gesundheit des Einzelnen sowie für das Miteinander in der Gesellschaft waren Laban wichtiger als das Zustandekommen einer umjubelten Aufführung. Dennoch war Rudolf von Laban auch ein einflussreicher Choreograf seiner Zeit. Auf dem Monte Verità schuf er eindrucksvolle Freilichtaufführungen, an denen große Bewegungschöre tanzender Laien teilnahmen. Diese gemeinschaftsstiftende Festkultur wollte die Führung der nationalsozialistischen Partei gern für ihre Zwecke nutzen. Sie beauftragte Rudolf von Laban mit einer Massenchoreografie für die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin. Ein grundsätzliches Missverständnis – zeigten doch Labans Arbeiten den Menschen als freies Individuum, das in der Kunst seine Persönlichkeit entfaltet. Seine dem modernen Ausdruckstanz zuzurechnenden Choreografien beruhten auf inneren Bewegungsimpulsen und gestalteten sich in Form und Dynamik verschieden. Damit stand er nicht nur dem hochartifiziellen Regelwerk des traditionellen Balletts entgegen, sondern vor allem dem uniformen und militaristischen Menschenbild der Nazis. Labans Choreografie für die Olympischen Spiele missfiel seinen Auftraggebern und das Stück wurde nach der Generalprobe abgesetzt. Rudolf von Laban ging daraufhin ins Exil nach England, wo er von 1938 bis zu seinem Lebensende blieb. Er arbeitete dort weiter an seinen theoretischen Schriften, deren Ideen er auch in der Praxis lehrte.